Sind wir nicht eine Familie aus verschiedenen Religionen?
(HK) „Habt ihr euch ausgesucht, welche Religion ihr habt? Wie betet ihr? Gibt es manchmal Streitigkeiten wegen der Religion?“
Solche und viele andere Fragen konnte der Kurs der Jahrgangsstufe 6 im Fach Evangelische Religionslehre heute Hanife Tosun und Avi Applestein stellen. Hanife Tosun ist Muslima, Avi Applestein ist Jude. Beide engagieren sich im Verein „Abrahamisches Forum in Deutschland“ und stellen sich als „Abrahamisches Team“ an Schulen oder Bildungseinrichtungen vor, um interreligiösen Dialog zu ermöglichen. Auf Grundlage dieses Dialogs informieren sie über ihre Religion und vermitteln, wie sie ihren Glauben in der Praxis leben. Wir hatten das Glück, dass die beiden zu Gast in unserem Kurs waren, denn gerade in diesen Zeiten wird uns schmerzlich bewusst, wie wichtig es ist, dass Jüd*innen, Muslim*innen und Christ*innen miteinander in den Austausch gehen und einander von ihren Geschichten und Vorstellungen erzählen.
Im Rahmen der Unterrichtsreihe zum Thema „Abraham verbindet“ erarbeiteten die Schüler*innen bereits selbst viele Besonderheiten abrahamitischer Religionen, beschäftigten sich mit der Bedeutung des Korans, der Tora und der Bibel und erarbeiteten, wer neben Abraham, Sara und Hagar noch eine bedeutende Rolle für muslimische, jüdische und christliche Menschen einnimmt.
Das Gespräch heute bildete jedoch einen Höhepunkt der Unterrichtsreihe, da es ermöglichte, nicht nur über, sondern mit anderen Religionen ins Gespräch zu kommen. So erfuhren wir von Frau Tosun, wie eine Pilgerfahrt nach Mekka organisiert werden muss, wie häufig am Tag viele Muslim*innen beten oder welche Rolle Jesus eigentlich im Islam spielt. Avi Applestein erklärte uns unter anderem, welche Kleidung im Judentum beim Gebet getragen wird, ob es problematisch ist, wenn einem in der Synagoge die Kippa vom Kopf fällt, oder wie man mit der Toratolle umgeht. Schließlich erfuhren wir auch, wie es für ihn war und ist, als jüdische Person in Deutschland zu leben, trotz der deutschen Geschichte.
Viele Fragen richteten sich auch an beide Besucher*innen und es wurde deutlich, dass das Judentum und der Islam viele Gemeinsamkeiten haben. So erfuhren wir von gemeinsamen Erzählungen oder von ähnlichen Speisevorschriften. Auch kam die Frage auf, ob Menschen verschiedener Religionen so nebeneinander existieren können, ohne zu streiten. Dass das problemlos möglich ist und dass Religionen voller Achtung füreinander auch voneinander lernen können, wurde an dem freundschaftlichen und respektvollen Umgang unserer Besucher*innen miteinander deutlich.
„Abraham verbindet“ tatsächlich – das konnten wir heute sehen. So bleibt uns nur zu wünschen, dass sich immer mehr religiöse Menschen als Teil einer großen „Religionsfamilie“ betrachten können und es als ganz natürlich ansehen, dass viele Religionen nebeneinander friedlich existieren.
Wir bedanken uns herzlich bei Stephanie Krauch, der Ansprechpartnerin der Abrahamischen Teams, für die Organisation des Besuchs! Außerdem bedanken wir uns herzlich bei unseren beiden Besucher*innen, Hanife Tosun und Avi Applestein:
Danke für eure Zeit, für das Teilen eurer Geschichten und eurer Ansichten, Danke für eure Offenheit für unsere Fragen und Danke, dass ihr zeigt, wie Religionen friedlich voneinander lernen können.